Gedankenanstoss

„God bless you – I mean that!“

 „Gottes Segen – ich mein das so!“

https://www.bethhart.com

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ende vergangener Woche bekam ich nachmittags einen Anruf. Ein Freund bot mir für denselben Abend eine Karte für ein Open-Air-Rockkonzert in Mainz an. Von der US-amerikanischen Sängerin Beth Hart hatte er mir zuvor begeistert berichtet, konnte nun aber nicht selbst am Konzert teilnehmen.

Nun bin ich, vermutlich vorsichtig formuliert, ja schon in einem etwas gesetzten Alter. Und wenn ich etwas frei interpretiere, dann datiere ich meinen letzten Besuch eines Open-Air-Rockkonzerts auf den Sommer 1992. Und ich hatte für den Abend auch einen anderen Plan. Dennoch sagte ich nach kurzer Bedenkzeit zu.

Meine erste Überraschung war, dass ich unter den Tausenden erschienenen Fans altersmäßig nicht eine so große Ausnahme war. Viele weiße Haare, oft zum Zopf gebunden, schwarze T-Shirts und Jeanskluft entsprachen gängigen Vorstellungen vom Outfit eingefleischter Rockfans. Dazu gehörte im Laufe des Abends auch so manche geschwungene „Luftgitarre“!

Meine zweite Überraschung: Die Naturgewalt der Sängerin mit ihrer Energie und außergewöhnlichen Stimme. Sie wurde von drei exzellenten Musikern begleitet; die Tontechnik ermöglichte ein beeindruckendes Klangerlebnis auf dem gesamten Open-Air-Areal. Die sauber übertragenen, satten Basstöne ließen den Boden leicht erbeben und standen förmlich in der Luft.

Meine dritte Überraschung: Die Sängerin sprach in ihren Anmoderationen und verarbeitete in ihren Songs die Tiefen ihres Lebens mit Alkohol- und Drogensucht, Enttäuschungen und Verzweiflungen. Dabei ließ sie auch durchblicken, dass sie neben ihr wichtigen Menschen auch Gott dankbar sei, dass sie nun wieder ein stabiles und erfülltes Leben führen könne. So war es fast schon keine Überraschung mehr für mich, dass sie gegen Ende des Konzerts zum Abschied auch die Worte „God bless you!“ brauchte, also „Gottes Segen“ wünschte. Nun kommt dies manchen Menschen aus den Vereinigten Staaten durchaus leicht und floskelhaft über die Lippen. Und so staunte ich, dass Beth Hart der vermeintlichen Floskel noch den Satz „I mean that!“ – „Ich meine das so!“ hinzufügte.

Ich gebe zu, dass mir die tiefgründigen und sehr emotional vorgetragenen Balladen mehr zusagten als die fetzigen und lauten Rocktitel. Es war spürbar, was im Leben der Sängerin durchgemacht und verarbeitet wurde. Genau so war spürbar, dass sie mit ihrer emotionalen Beteiligung zum Teil selbst am Rande ihrer Fassung war und manchen Text nur mit Mühe zu Ende bringen konnte. Es hat mich beeindruckt und angesprochen.

Hat dieses Erlebnis, das ich Ihnen beschreibe, einen geistlichen Gehalt? Ich meine: Ja. Und zwar in mehrfacher Beziehung:

Zum einen bekam ich ein unerwartetes Geschenk. Zunächst war ich mir gar nicht so richtig sicher, ob ich es gut finden und annehmen sollte. Aber ich habe schon zuvor lernen dürfen – lernen, dass es sich gelegentlich lohnt, sich auf ein unerwartetes Angebot einzulassen. Noch dazu, wenn man weiß, dass der Schenkende ja grundsätzlich Gutes im Schilde führt.

Zum zweiten wurde ich dadurch beschenkt, dass die Musikerin ihre Lebenserfahrungen auf eine Weise teilte, mitteilte, die sprichwörtlich „unter die Haut ging“ und anrührte.

Zum dritten wurde ich gesegnet. Mir wurde zum Abschied Gutes gewünscht. Noch dazu unerwartet: Es wurde mir der „Segen Gottes“ zugesprochen. Und ausdrücklich wurde hinzugefügt, dass dies ernst gemeint sei. So war ich mehrfach beschenkt und gesegnet.

Solche unverhofften Geschenke wünsche ich Ihnen auch – und den Mut sich darauf einzulassen. Und solchen Segen wünsche ich Ihnen auch. God bless you, I mean that – Gott segne Sie, ich meine das so!

Peter Querbach